DiGA und DiPA: Was sind digitale Pflegeanwendungen auf Rezept und wie erhalte ich sie?

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen schreitet voran und bringt innovative Lösungen für Patienten und Pflegebedürftige hervor. Neben den bekannten digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) gibt es seit 2022 auch digitale Pflegeanwendungen (DiPA), die speziell für pflegebedürftige Menschen entwickelt wurden. Doch was genau verbirgt sich hinter diesen Begriffen und wie können Sie von diesen digitalen Hilfsmitteln profitieren?

Was sind digitale Pflegeanwendungen (DiPA)?

Digitale Pflegeanwendungen, kurz DiPA, sind innovative Software-Lösungen, die speziell für Menschen mit Pflegebedarf entwickelt wurden. Sie sollen den Pflegealltag erleichtern, die Selbstständigkeit fördern und die Lebensqualität verbessern. Diese Apps und Programme können auf verschiedenen Endgeräten wie Smartphones, Tablets oder Computern genutzt werden.

Funktionen und Einsatzbereiche von DiPA

DiPA bieten vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten:

  • Erinnerungsfunktionen für Medikamenteneinnahme und Termine
  • Kommunikationshilfen zwischen Pflegebedürftigen und Angehörigen
  • Sturzprävention durch Übungen und Anleitungen
  • Kognitive Förderung mit Gedächtnistraining und Spielen
  • Pflegedokumentation für professionelle Pflegekräfte
  • Gesundheitsmonitoring zur Überwachung von Vitalwerten

Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG): Rechtliche Grundlagen

Die rechtliche Basis für DiPA bildet das Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG), das im Juni 2021 verabschiedet wurde. Dieses Gesetz schafft die Voraussetzungen für die Erstattung digitaler Pflegeanwendungen durch die Pflegekassen.

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Der Unterschied zwischen DiGA und DiPA

Viele Menschen verwechseln digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) mit digitalen Pflegeanwendungen (DiPA). Dabei gibt es wichtige Unterschiede, die Sie kennen sollten.

DiGA: Digitale Gesundheitsanwendungen

DiGA sind medizinische Apps, die von Ärzten oder Psychotherapeuten verordnet werden. Sie dienen der Behandlung von Krankheiten oder der Unterstützung bei der Therapie. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen.

Merkmale von DiGA:

  • Verordnung durch Arzt oder Psychotherapeut
  • Erstattung durch die Krankenkasse
  • Fokus auf medizinische Behandlung
  • Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis beim BfArM

DiPA: Digitale Pflegeanwendungen

DiPA hingegen richten sich an pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige. Sie werden nicht vom Arzt verordnet, sondern bei der Pflegekasse beantragt. Der Fokus liegt auf der Unterstützung im Pflegealltag.

Merkmale von DiPA:

  • Beantragung bei der Pflegekasse
  • Erstattung durch die Pflegekasse
  • Fokus auf Pflegeunterstützung
  • Aufnahme in das DiPA-Verzeichnis beim BfArM

Vergleichs-Tabelle DiGA vs. DiPA

AspektDiGADiPA
ZielgruppePatienten mit ErkrankungenPflegebedürftige Menschen
Verordnung/AntragArzt/PsychotherapeutPflegekasse
KostenträgerKrankenkassePflegekasse
ZweckMedizinische BehandlungPflegeunterstützung
Pflegegrad erforderlichNeinJa (Grad 1-5)

Voraussetzungen für die Nutzung von DiPA

Um eine digitale Pflegeanwendung nutzen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

Grundvoraussetzungen

  • Pflegegrad: Sie benötigen einen anerkannten Pflegegrad von 1 bis 5. Dieser muss durch den Medizinischen Dienst (MD) oder MEDICPROOF festgestellt worden sein.
  • Technische Ausstattung: Sie benötigen ein geeignetes Endgerät wie ein Smartphone, Tablet oder Computer mit Internetzugang.
  • Digitale Kompetenz: Grundlegende Kenntnisse im Umgang mit digitalen Geräten sind hilfreich, aber nicht zwingend erforderlich.
  • Medizinische Voraussetzungen

Je nach Art der DiPA können spezifische medizinische Voraussetzungen gelten:

  • Bestimmte Diagnosen oder Gesundheitszustände
  • Kognitive Fähigkeiten für die Nutzung der Anwendung
  • Physische Fähigkeiten zur Bedienung des Endgeräts

Antrag auf DiPA: So beantragen Sie eine DiPA bei der Pflegekasse

Der Antragsprozess für eine digitale Pflegeanwendung ist strukturiert und folgt klaren Schritten.

Schritt 1: Auswahl der passenden DiPA

Informieren Sie sich über verfügbare DiPA im offiziellen Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Wählen Sie eine Anwendung aus, die Ihren Bedürfnissen entspricht.

Schritt 2: Antrag bei der Pflegekasse

Formloser Antrag: Sie können einen formlosen Antrag bei Ihrer Pflegekasse stellen. Dieser sollte folgende Informationen enthalten:

  • Ihre Versichertennummer
  • Ihren Pflegegrad
  • Die gewünschte DiPA mit genauer Bezeichnung
  • Begründung für die Notwendigkeit

Erforderliche Unterlagen:

  • Kopie des Pflegegutachtens
  • Ärztliche Bescheinigung (falls erforderlich)
  • Nachweis über die technische Ausstattung

Schritt 3: Prüfung durch die Pflegekasse

Die Pflegekasse prüft Ihren Antrag innerhalb von drei Wochen. Bei komplexeren Fällen kann sich die Frist auf fünf Wochen verlängern.

Schritt 4: Bewilligung und Nutzung

Bei positiver Entscheidung erhalten Sie die Zugangsdaten für die DiPA. Die Kosten werden direkt mit der Pflegekasse abgerechnet.

Das DiPA-Verzeichnis: Überblick verfügbarer Anwendungen

Das DiPA-Verzeichnis wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geführt und enthält alle zugelassenen digitalen Pflegeanwendungen.

Kategorien im DiPA-Verzeichnis

Präventive Anwendungen:

  • Sturzprävention
  • Bewegungsförderung
  • Ernährungsberatung

Therapeutische Anwendungen:

  • Gedächtnistraining
  • Sprachtherapie
  • Physiotherapie-Unterstützung

Organisatorische Anwendungen:

  • Terminplanung
  • Medikamentenmanagement
  • Pflegedokumentation

Auswahlkriterien für DiPA

Bei der Auswahl einer geeigneten DiPA sollten Sie folgende Kriterien beachten:

  • Benutzerfreundlichkeit: Intuitive Bedienung und klare Navigation
  • Funktionsumfang: Passende Features für Ihre Bedürfnisse
  • Datenschutz: Sichere Datenübertragung und -speicherung
  • Support: Verfügbarkeit von Hilfe und Betreuung
  • Kompatibilität: Unterstützung Ihres Endgeräts

Kostenübernahme für DiPA durch die Pflegekasse

Die Finanzierung von DiPA erfolgt durch die Pflegekassen im Rahmen der Pflegeversicherung.

Finanzierungsmodell

Vollständige Kostenübernahme: Die Pflegekasse übernimmt die vollen Kosten für genehmigte DiPA. Es fallen keine Zuzahlungen oder Eigenanteile an.

Budgetgrenzen: Die Kosten für DiPA sind innerhalb des Pflegebudgets zu berücksichtigen. Sehr teure Anwendungen können das verfügbare Budget belasten.

Erstattungsfähige Kosten

Abrechenbare Leistungen:

  • Lizenzgebühren für die Software
  • Einrichtung und Konfiguration
  • Schulungen für Nutzer
  • Technischer Support

Nicht erstattungsfähige Kosten:

  • Anschaffung von Endgeräten
  • Internetkosten
  • Zusätzliche Hardware

Technische Anforderungen und Datenschutz

Bei der Nutzung von DiPA spielen technische Aspekte und Datenschutz eine wichtige Rolle.

Technische Voraussetzungen

Endgeräte: DiPA sind für verschiedene Betriebssysteme verfügbar:

  • iOS (iPhone/iPad)
  • Android (Smartphones/Tablets)
  • Windows (PC/Laptop)
  • macOS (Mac)

Internetverbindung: Eine stabile Breitbandverbindung ist für die meisten DiPA erforderlich.

Speicherplatz: Je nach Anwendung werden 50 MB bis 2 GB Speicherplatz benötigt.

Datenschutz und Sicherheit

Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO): Alle DiPA müssen den strengen Datenschutzbestimmungen der DSGVO entsprechen.

Verschlüsselung: Sensible Gesundheitsdaten werden verschlüsselt übertragen und gespeichert.

Zugriffskontrolle: Nur autorisierte Personen haben Zugang zu den Daten.

Integration in bestehende Pflegestrukturen

DiPA können sinnvoll in bestehende Pflegestrukturen integriert werden und verschiedene Akteure unterstützen.

Rolle der Pflegekräfte

Professionelle Pflegekräfte können DiPA nutzen für:

  • Effiziente Pflegedokumentation
  • Bessere Kommunikation mit Angehörigen
  • Monitoring von Gesundheitsdaten
  • Unterstützung bei der Pflegeplanung

Unterstützung für Angehörige

Pflegende Angehörige profitieren durch:

  • Entlastung bei organisatorischen Aufgaben
  • Bessere Information über den Pflegezustand
  • Unterstützung bei der Kommunikation
  • Hilfe bei der Koordination verschiedener Akteure

Vernetzung mit anderen Diensten

DiPA können mit anderen digitalen Gesundheitsdiensten vernetzt werden:

  • Elektronische Patientenakte (ePA)
  • Telemonitoring-Systeme
  • Hausnotruf-Systeme
  • Digitale Arztpraxen

Herausforderungen und Lösungsansätze

Die Einführung von DiPA bringt verschiedene Herausforderungen mit sich, für die es praktische Lösungen gibt.

Häufige Herausforderungen

Technische Barrieren:

  • Schwierigkeiten bei der Bedienung
  • Mangelnde digitale Kompetenzen
  • Technische Probleme

Lösungsansätze:

  • Schulungen und Einführungskurse
  • Technischer Support
  • Einfache, intuitive Benutzeroberflächen
  • Angehörigenunterstützung

Akzeptanz und Vertrauen:

  • Skepsis gegenüber neuen Technologien
  • Bedenken bezüglich Datenschutz
  • Gewöhnung an analoge Prozesse

Lösungsansätze:

  • Transparente Kommunikation über Vorteile
  • Umfassende Datenschutzinformationen
  • Schrittweise Einführung
  • Positive Erfahrungsberichte

Zukunftsaussichten für DiPA

Die Entwicklung digitaler Pflegeanwendungen steht erst am Anfang und bietet großes Potenzial für die Zukunft.

Technologische Entwicklungen

  • Künstliche Intelligenz: KI-gestützte DiPA können personalisierte Empfehlungen geben und Pflegebedürfnisse besser vorhersagen.
  • Internet of Things (IoT): Vernetzung mit Smart-Home-Systemen für umfassende Unterstützung im Alltag.
  • Virtual Reality: VR-Anwendungen für Therapie und Aktivierung.

Erwartete Marktentwicklung

  • Wachsende Anzahl: Die Zahl verfügbarer DiPA wird in den kommenden Jahren stark zunehmen.
  • Spezialisierung: Entwicklung hochspezialisierter Anwendungen für spezifische Pflegebereiche.
  • Integration: Bessere Vernetzung mit bestehenden Gesundheitssystemen.

Praktische Tipps für den Einstieg

Um erfolgreich mit DiPA zu starten, beachten Sie diese praktischen Empfehlungen.

Vorbereitung auf die Nutzung

Schritt-für-Schritt-Vorgehen:

  1. Informieren Sie sich über verfügbare DiPA
  2. Bewerten Sie Ihren Bedarf und Ihre Fähigkeiten
  3. Wählen Sie eine passende Anwendung aus
  4. Stellen Sie den Antrag bei der Pflegekasse
  5. Planen Sie die Einführung und Schulung

Unterstützung organisieren

Hilfe durch Angehörige: Bitten Sie Familie oder Freunde um Unterstützung bei der ersten Nutzung.

Professionelle Schulung: Nutzen Sie Schulungsangebote der Anbieter oder Pflegekassen.

Technischer Support: Informieren Sie sich über verfügbare Hilfe bei technischen Problemen.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zu DiPA

1. Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, um eine DiPA zu erhalten?
Sie benötigen einen anerkannten Pflegegrad von 1 bis 5 und ein geeignetes Endgerät mit Internetzugang. Je nach DiPA können zusätzliche medizinische Voraussetzungen gelten. Die Beantragung erfolgt direkt bei Ihrer Pflegekasse.
2. Wie unterscheiden sich DiPA von DiGA?
DiPA sind speziell für pflegebedürftige Menschen entwickelt und werden bei der Pflegekasse beantragt. DiGA hingegen sind medizinische Apps, die von Ärzten verordnet und von der Krankenkasse erstattet werden. DiPA fokussieren sich auf Pflegeunterstützung, während DiGA der medizinischen Behandlung dienen.
3. Welche Kosten entstehen mir bei der Nutzung einer DiPA?
Die Pflegekasse übernimmt vollständig die Kosten für genehmigte DiPA. Es fallen keine Zuzahlungen oder Eigenanteile an. Allerdings müssen Sie die Anschaffung von Endgeräten und Internetkosten selbst tragen.
4. Wie finde ich die richtige DiPA für meine Bedürfnisse?
Informieren Sie sich im offiziellen DiPA-Verzeichnis des BfArM über verfügbare Anwendungen. Berücksichtigen Sie dabei Ihre spezifischen Pflegebedürfnisse, technischen Fähigkeiten und verfügbaren Endgeräte. Lassen Sie sich bei der Auswahl von Ihrer Pflegekasse oder Pflegefachkräften beraten.
5. Was passiert, wenn meine DiPA nicht mehr benötigt wird oder nicht funktioniert?
Sie können die Nutzung einer DiPA jederzeit beenden, indem Sie Ihre Pflegekasse informieren. Bei technischen Problemen wenden Sie sich zunächst an den technischen Support des Anbieters. Falls die Anwendung dauerhaft nicht funktioniert, kann die Pflegekasse die Kostenübernahme beenden und Sie können eine alternative DiPA beantragen.