Was zahlt die Private Krankenversicherung im Pflegefall?
Die Pflegebedürftigkeit ist ein Risiko, das jeden treffen kann. Wenn Sie privat krankenversichert sind, stellen Sie sich sicher die Frage: „Was zahlt die Private Krankenversicherung im Pflegefall?“ In diesem umfassenden Ratgeber erklären wir Ihnen detailliert, welche Leistungen Ihnen aus der Pflegezusatzversicherung zustehen, wie die Pflegegrade funktionieren und mit welchen Kosten Sie rechnen müssen.
Grundlagen der privaten Pflegeversicherung
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Was ist die private Pflegepflichtversicherung?
Jeder privat Krankenversicherte muss eine Pflegepflichtversicherung bei einem privaten Krankenversicherer abschließen. Diese Versicherung ist gesetzlich vorgeschrieben und orientiert sich in ihren Leistungen an den Standards der gesetzlichen Pflegeversicherung.
Die private Pflegepflichtversicherung unterscheidet sich jedoch in der Abrechnung: Während die gesetzliche Pflegeversicherung direkt mit den Leistungserbringern abrechnet, erhalten privat Versicherte ihre Leistungen nach dem Kostenerstattungsprinzip. Das bedeutet, Sie zahlen zunächst die Pflegekosten und reichen die Rechnung anschließend bei Ihrer Versicherung ein.
Wie funktioniert die Einstufung in Pflegegrade?
Die Pflegebedürftigkeit wird durch den Medizinischen Dienst der Privaten Krankenversicherung (Medicproof) begutachtet. Dieser Dienst prüft anhand des Neuen Begutachtungsassessments (NBA) den Grad der Selbstständigkeit in verschiedenen Lebensbereichen.
Die Bewertung erfolgt in sechs Bereichen:
- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
- Pflegezusatzversicherung Rechner
Die fünf Pflegegrade im Detail
Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Was zahlt die Private Pflegeversicherung Pflegegrad 1?
Pflegegrad 1 erhalten Personen mit geringsten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit. Die Leistungen sind entsprechend begrenzt:
Leistungen bei Pflegegrad 1:
- Entlastungsbetrag: 131 Euro monatlich (ab 2025)
- Pflegegeld: 0 Euro
- Pflegesachleistungen: 0 Euro
- Vollstationäre Pflege: 0 Euro
Der Entlastungsbetrag kann für haushaltsnahe Dienstleistungen, Tages- oder Nachtpflege sowie für Leistungen ambulanter Pflegedienste verwendet werden. Wichtig zu wissen ist, dass nicht verbrauchte Beträge in das Folgejahr übertragen werden können.
Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Was zahlt die Private Pflegeversicherung Pflegegrad 2?
Bei Pflegegrad 2 erweitert sich das Leistungsspektrum deutlich:
Leistungen bei Pflegegrad 2 (Stand 2025):
- Pflegegeld: 365 Euro monatlich
- Pflegesachleistungen: 827 Euro monatlich
- Vollstationäre Pflege: 814 Euro monatlich
- Entlastungsbetrag: 131 Euro monatlich
- Kurzzeitpflege: Bis zu 1.774 Euro jährlich
- Verhinderungspflege: Bis zu 1.774 Euro jährlich
Beispielrechnung Pflegegrad 2: Eine 78-jährige Dame mit Pflegegrad 2 lebt zu Hause und wird von ihrer Tochter gepflegt. Sie erhält monatlich 365 Euro Pflegegeld. Zusätzlich nimmt sie zweimal wöchentlich Unterstützung durch einen Pflegedienst in Anspruch (Kosten: 300 Euro monatlich). Die Verhinderungspflege nutzt sie für 14 Tage im Jahr (Kosten: 1.400 Euro).
Monatliche Zahlungen der Versicherung:
- Pflegegeld: 365 Euro
- Pflegesachleistungen: 300 Euro
- Entlastungsbetrag: 131 Euro
- Gesamt monatlich: 796 Euro
Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Was zahlt die Private Pflegeversicherung Pflegegrad 3?
Bei Pflegegrad 3 steigen die Leistungen erheblich:
Leistungen bei Pflegegrad 3 (Stand 2025):
- Pflegegeld: 581 Euro monatlich
- Pflegesachleistungen: 1.432 Euro monatlich
- Vollstationäre Pflege: 1.301 Euro monatlich
- Entlastungsbetrag: 131 Euro monatlich
- Kurzzeitpflege: Bis zu 1.774 Euro jährlich
- Verhinderungspflege: Bis zu 1.774 Euro jährlich
Beispielrechnung Pflegegrad 3: Ein 82-jähriger Herr mit Pflegegrad 3 benötigt täglich professionelle Pflege. Die Kosten für den ambulanten Pflegedienst betragen 1.200 Euro monatlich. Da er ausschließlich Pflegesachleistungen in Anspruch nimmt, erhält er kein Pflegegeld.
Monatliche Zahlungen der Versicherung:
- Pflegesachleistungen: 1.200 Euro
- Entlastungsbetrag: 131 Euro
- Gesamt monatlich: 1.331 Euro
Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Was zahlt die Private Pflegeversicherung Pflegegrad 4?
Pflegegrad 4 bringt die höchsten Leistungen für ambulante Pflege:
Leistungen bei Pflegegrad 4 (Stand 2025):
- Pflegegeld: 765 Euro monatlich
- Pflegesachleistungen: 1.778 Euro monatlich
- Vollstationäre Pflege: 1.775 Euro monatlich
- Entlastungsbetrag: 131 Euro monatlich
- Kurzzeitpflege: Bis zu 1.774 Euro jährlich
- Verhinderungspflege: Bis zu 1.774 Euro jährlich
Beispielrechnung Pflegegrad 4: Eine 85-jährige Dame mit Pflegegrad 4 wird sowohl von Angehörigen als auch von einem Pflegedienst betreut. Sie nimmt Kombinationsleistungen in Anspruch: 800 Euro für Pflegesachleistungen (45% der maximal möglichen Leistungen) und anteiliges Pflegegeld von 421 Euro (55% von 765 Euro).
Monatliche Zahlungen der Versicherung:
- Pflegesachleistungen: 800 Euro
- Anteiliges Pflegegeld: 421 Euro
- Entlastungsbetrag: 131 Euro
- Gesamt monatlich: 1.352 Euro
Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen
Was zahlt die Private Pflegeversicherung Pflegegrad 5?
Pflegegrad 5 ist für Personen mit schwersten Beeinträchtigungen und besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung:
Leistungen bei Pflegegrad 5 (Stand 2025):
- Pflegegeld: 947 Euro monatlich
- Pflegesachleistungen: 2.200 Euro monatlich
- Vollstationäre Pflege: 2.005 Euro monatlich
- Entlastungsbetrag: 131 Euro monatlich
- Kurzzeitpflege: Bis zu 1.774 Euro jährlich
- Verhinderungspflege: Bis zu 1.774 Euro jährlich
Beispielrechnung Pflegegrad 5: Ein 88-jähriger Herr mit Pflegegrad 5 benötigt intensive Pflege rund um die Uhr. Der ambulante Pflegedienst rechnet monatlich 2.000 Euro ab. Zusätzlich erhält er den Entlastungsbetrag.
Monatliche Zahlungen der Versicherung:
- Pflegesachleistungen: 2.000 Euro
- Entlastungsbetrag: 131 Euro
- Gesamt monatlich: 2.131 Euro
Übersicht der Pflegeleistungen 2025
Pflegegrad | Pflegegeld | Pflegesachleistungen | Vollstationäre Pflege | Entlastungsbetrag |
---|---|---|---|---|
1 | 0 € | 0 € | 0 € | 131 € |
2 | 365 € | 827 € | 814 € | 131 € |
3 | 581 € | 1.432 € | 1.301 € | 131 € |
4 | 765 € | 1.778 € | 1.775 € | 131 € |
5 | 947 € | 2.200 € | 2.005 € | 131 € |
Besondere Leistungen der privaten Pflegeversicherung
Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege
Ab Juli 2025 werden Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege durch ein gemeinsames Entlastungsbudget von 3.539 Euro jährlich ersetzt. Dies bietet deutlich mehr Flexibilität bei der Verwendung der Mittel.
Verhinderungspflege kommt zum Einsatz, wenn die private Pflegeperson verhindert ist. Die Kosten werden bis zur maximalen Höhe erstattet.
Kurzzeitpflege wird benötigt, wenn vorübergehend vollstationäre Pflege erforderlich ist, beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt.
Zusätzliche Leistungen für junge Pflegebedürftige
Junge Pflegebedürftige bis 25 Jahre mit Pflegegrad 4 oder 5 können bereits seit 2024 auf ein vorgezogenes Entlastungsbudget von 3.386 Euro zugreifen.
Pflegehilfsmittel und Wohnumfeldverbesserungen
Die private Pflegeversicherung übernimmt:
- Pflegehilfsmittel zum Verbrauch bis 40 Euro monatlich
- Technische Pflegehilfsmittel (Leihweise oder Kostenübernahme)
- Wohnumfeldverbesserungen bis 4.000 Euro je Maßnahme
Kosten und Eigenanteile
Eigenanteil in der häuslichen Pflege
Bei der häuslichen Pflege entstehen Eigenanteile, wenn die tatsächlichen Pflegekosten die Leistungen der Pflegeversicherung übersteigen. Diese Kosten müssen Sie selbst tragen oder durch eine private Pflegezusatzversicherung abdecken.
Eigenanteil in der vollstationären Pflege
In Pflegeheimen ist der Eigenanteil besonders hoch. Der durchschnittliche Eigenanteil beträgt deutschlandweit etwa 2.900 Euro monatlich im ersten Jahr. Dieser Betrag reduziert sich nach längerer Verweildauer durch die Entlastungsregelung:
- Nach 12 Monaten: 5% Entlastung
- Nach 24 Monaten: 25% Entlastung
- Nach 36 Monaten: 70% Entlastung
Beispielrechnung Heimkosten
Gesamtkosten Pflegeheim monatlich: 4.500 Euro
- Leistung der Pflegeversicherung (Pflegegrad 4): 1.775 Euro
- Eigenanteil: 2.725 Euro
Nach 36 Monaten Aufenthalt:
- Entlastung durch Pflegekasse (70%): 1.908 Euro
- Verbleibender Eigenanteil: 817 Euro
Antragstellung und Begutachtung
Der Antrag auf Pflegeleistungen
Den Antrag auf Pflegeleistungen stellen Sie bei Ihrem privaten Krankenversicherer. Dieser leitet den Antrag an Medicproof weiter, den medizinischen Dienst der privaten Krankenversicherung.
Der Begutachtungsprozess
Die Begutachtung erfolgt durch qualifizierte Gutachter, meist Pflegefachkräfte oder Ärzte. Das Gutachten ist die Grundlage für die Einstufung in einen der fünf Pflegegrade.
Tipps für die Begutachtung:
- Dokumentieren Sie alle Pflegebedürfnisse vorab
- Lassen Sie sich von Angehörigen oder Pflegefachkräften begleiten
- Beschönigen Sie nicht – schildern Sie die Situation realistisch
- Führen Sie ein Pflegetagebuch
Kombinationsleistungen optimal nutzen
Flexible Gestaltung der Pflegeleistungen
Sie können Pflegegeld und Pflegesachleistungen kombinieren. Wenn Sie beispielsweise nur 60% der maximal möglichen Pflegesachleistungen in Anspruch nehmen, erhalten Sie 40% des Pflegegeldes.
Strategische Planung
Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrer Familie und Pflegeberatung, welche Kombination für Ihre Situation optimal ist. Dabei sollten Sie auch künftige Entwicklungen berücksichtigen.
Pflegeberatung und Unterstützung
Kostenlose Pflegeberatung
Als privat Versicherter haben Sie Anspruch auf kostenlose Pflegeberatung durch compass, die Pflegeberatung der privaten Krankenversicherung. Diese Beratung ist neutraler Natur und hilft Ihnen dabei, die optimalen Pflegeleistungen zu finden.
Pflegeberatung vor Ort
Die Pflegeberatung erfolgt wahlweise telefonisch, per Video oder bei Ihnen zu Hause. Nutzen Sie dieses Angebot, um sich umfassend über Ihre Möglichkeiten zu informieren.
Zukunft der privaten Pflegeversicherung
Demografischer Wandel
Der demografische Wandel führt zu steigenden Pflegekosten. Die Anzahl der Pflegebedürftigen wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen, was sich auf die Beitragsentwicklung auswirkt.
Beitragsentwicklung
Die Beiträge zur privaten Pflegepflichtversicherung sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Zwischen 2014 und 2024 haben sich die Ausgaben für Pflegeleistungen verdreifacht.
Reformbedarf
Politik und Versicherungswirtschaft arbeiten an Lösungen für eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung. Diskutiert werden unter anderem Vollversicherungsmodelle und eine stärkere Berücksichtigung der Prävention.
Tipps für die Praxis
Dokumentation ist wichtig
Führen Sie genau Buch über alle Pflegeaufwendungen. Dies hilft nicht nur bei der Begutachtung, sondern auch bei der Beantragung von Leistungen.
Rechtzeitig handeln
Stellen Sie den Antrag auf Pflegeleistungen sobald wie möglich nach Eintreten der Pflegebedürftigkeit. Die Leistungen werden frühestens ab dem Monat der Antragstellung gezahlt.
Widerspruch einlegen
Sind Sie mit dem Begutachtungsergebnis nicht einverstanden, können Sie Widerspruch einlegen. Lassen Sie sich dabei von der Pflegeberatung unterstützen.
Private Zusatzversicherung prüfen
Überlegen Sie, ob eine private Pflegezusatzversicherung für Sie sinnvoll ist. Diese kann die Versorgungslücke zwischen tatsächlichen Kosten und Leistungen der Pflegepflichtversicherung schließen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Unterschied zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung?
Die Leistungen der privaten Pflegepflichtversicherung entsprechen denen der gesetzlichen Pflegeversicherung. Der Hauptunterschied liegt in der Abrechnung: Private Versicherte erhalten ihre Leistungen nach dem Kostenerstattungsprinzip, während gesetzlich Versicherte Sachleistungen erhalten.
Kann ich bei der privaten Pflegeversicherung den Anbieter wechseln?
Nein, die private Pflegepflichtversicherung ist an Ihre private Krankenversicherung gekoppelt. Ein Wechsel ist nur zusammen mit der Krankenversicherung möglich, was in der Regel nicht empfehlenswert ist.
Wie hoch sind die Beiträge zur privaten Pflegepflichtversicherung?
Die Beiträge variieren je nach Versicherer und Alter bei Vertragsabschluss. Sie orientieren sich am Höchstbeitrag der gesetzlichen Pflegeversicherung und betragen aktuell maximal etwa 150 Euro monatlich für Erwachsene.
Was passiert mit nicht genutzten Pflegeleistungen?
Pflegegeld und Pflegesachleistungen verfallen zum Monatsende. Der Entlastungsbetrag kann jedoch ins Folgejahr übertragen werden. Ab 2025 können auch Mittel für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege flexibler genutzt werden.
Erhalte ich Pflegeleistungen auch im Ausland?
Pflegeleistungen werden grundsätzlich nur in Deutschland erbracht. Für Auslandsaufenthalte gibt es spezielle Regelungen, die Sie mit Ihrer Versicherung besprechen sollten. In EU-Ländern können unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen gewährt werden.